Pot Odds – die Grundlagen der Poker Mathematik
Kein Pokerspiel kommt ohne Poker Mathematik und einfache Wahrscheinlichkeits-Rechnung aus. Viele Spieler ignorieren diesen Umstand und begehen daher in bestimmten Situationen immer wieder die gleichen Spielfehler. Schauen wir uns also an, was Odds und Outs sind und wie die einfache Poker Mathematik der Pot Odds eure Entscheidungen beeinflusst.
Was sind Odds & Outs?
Unter Odds versteht man die Gewinnwahrscheinlichkeit einer Hand. Zum Beispiel gewinnt AA den Showdown gegen eine kleinere gepaarte Starthand wie 88 in rund 80% aller Fälle. Outs werden hingegen die Karten genannt, die eure wahrscheinlich schlechtere Hand in eine Gewinnerhand verwandeln kann. Nehmen wir als Beispiel den Flop Q95 rainbow und wir halten selbst die Starthand JTo. Wenn wir nun davon ausgehen, dass der Gegner über eine Hand von mindestens ein Paar Damen verfügt, hilft uns nur eines von 8 Outs zu einer Straße – einer der 4 verbleibenden Könige oder Achten.
Stellen wir uns nun vor, dass der Pot an diesem Flop bereits 100 Chips groß ist und unser Gegner setzt uns mit seinen 50 verbliebenen Chips All-in – sollen wir callen oder nicht? Dafür müssen wir zunächst unsere Gewinnwahrscheinlichkeit anhand der Outs bestimmen – dies geht mit der sogenannte 2-4-Regel besonders einfach. Bestimmt zunächst die Anzahl eurer Outs und multipliziert diese am Flop mit 4 bzw am Turn mit zwei und ihr erhaltet die ungefähre Wahrscheinlichkeit, eines eurer Outs zu treffen. Das Ergebnis ist bis auf wenige Prozent genau, so dass man mit dieser Methode am Pokertisch einen sehr guten Näherungswert erhält, ohne einen Taschenrechner bemühen zu müssen. Ladet euch hier den PokerStrategy Equilator, das kostenlose Programm zum Berechnen von Gewinnwahrscheinlichkeiten, herunter und schaut euch selbst einmal an, wie gut die einfache 2-4-Regel an die exakten Werte herankommt.
Wie beeinflussen die Pot Odds meine Entscheidungen?
Nachdem wir nun unsere ungefähren Gewinnwahrscheinlichkeiten kennen, müssen wir diese nur noch mit dem Verhältnis Potgröße zum Call vergleichen – die sogenannten Pot Odds. Schauen wir uns dazu zwei Beispiele an:
- 9 Outs am Flop(zB Flush Draw) – ca 36,9%(~1/2)
- 2 Outs am Turn(für ein Set am River) – ca 4,5%(~1/20)
Auf dem Tisch liegen 150 Chips und der Call kostet uns 50 Chips – dies sind Odds von 1/3. Sind unsere Odds zu gewinnen besser, ist ein Call profitabel – wenn nicht, sollten wir unsere Hand wegwerfen. Im Falle unseres Flush Draws gewinnen wir im Durchschnitt einen von drei Showdowns, dies entspricht Odds von 1/2 und ein Call ist gerechtfertigt. Für das zweite Beispiel betragen unsere Odds die Hand zu gewinnen rund 1/20 und wir müssen eindeutig folden. Anhand des Erwartungswertes erkennt man sehr gut die Konsequenzen eines Calls ohne entsprechende Pot Odds und Gewinnwahrscheinlichkeit.
Berechnungen der Erwartungswerte
Verdeutlichen kann man die Pot Odds auch am sogenannten Erwartungswert(EV, Expected Value). Im Falle unseres Flush Draws werden wir zu 36,9% 150 Chips gewinnen, in 63,1% aber unsere 50 investierten Chips verlieren.
Diese einfache Pot Odds Poker Mathematik zeigt uns, dass wir im Durchschnitt in solch einer Situation 23,8 Chips gewinnen. Denkt immer daran, dass die Summe aller schlechten und guten Entscheidungen gleichbedeutend mit dem Profit eurer gesamten Poker-Karriere ist. Trefft ihr in zu vielen Situationen Entscheidungen mit einem negativen Erwartungswert, so kann das Gesamtergebnis Profit auch nur negativ ausfallen!
Machen wir diese Rechnung gleich noch mit dem Beispiel für unseren 2-Outer, wenn wir annehmen, dass die gleichen Einsätze am Turn gebracht wurden:
Hier sehen wir deutlich, dass dieser Call höchst unprofitabel ist und die Pot Odds bei weitem nicht zur Gewinnwahrscheinlichkeit passen – wir sollten unsere Hand schleunigst folden. Die genauen Werte sind für den Einsteiger weniger interessant – entscheidend ist hierbei, dass euer Erwartungswert NICHT negativ ist. Mit mehr Erfahrung beim Poker werdet ihr euch auch überlegen, welche von mehreren Optionen für eine Aktion den höchsten Erwartungswert besitzt, um so euren Profit zu maximieren – die Poker Mathematik dahinter bleibt die gleiche. Für den Anfang ist es aber erst einmal nur wichtig, einen der größten Fehler zu vermeiden: unprofitable Calls!
Poker Mathematik der Implied Odds
Verändern wir unser Beispiel des Flush Draws und machen es noch ein wenig interessanter. Wir haben auf dem Turn den Nut Flush Draw und so mit 9 Outs ca 18% Gewinnwahrscheinlichkeit(wir vernachlässigen jetzt einmal die ganz genauen Zahlen). Im Pot liegen wieder 150 Chips und ein Call würde uns 50 Chips kosten. Weder wir, noch unserer Gegner ist All In und beide verfügen noch über weitere Chips. Können wir hier callen? Wer sich die vorangegangenen Beispiele aufmerksam durchgelesen hat, wird vielleicht schnell antworten: Nein, die Gewinnchancen sind für diese Pot Odds zu gering. Das ist soweit richtig, aber wir haben in unserer Poker Mathematik unsere sogenannten Implied Odds(implizierte/angenommene Odds) noch nicht betrachtet – wir können am River noch weitere Chips gewinnen, wenn wir unseren Flush treffen. Hier wird es aber etwas schwieriger, da wir nicht genau wissen, wie viele Chips wir unserem Gegner noch aus der Tasche ziehen können. Zumindest können wir aber ausrechnen, wie viele es mindestens sein müssen, damit der Call am Turn profitabel bleibt:
150 Chips liegen im Pot und der Call kostet uns 50 Chips, unsere Gewinnchance liegt bei 18%. Sollten wir unseren Flush nicht treffen, investieren wir keinen weiteren Chip mehr in den Pot. Jetzt müssen wir anhand unserer Gewinnwahrscheinlichkeit nur ausrechnen, bei welcher Potgröße der Call von 50 Chips profitabel wäre. Benutzen wir dafür den einfachen Dreisatz:
Bei einem Pot von mindesten 228 wäre der Call von 50 Chips ein profitabler Spielzug. Die Differenz zum tatsächlichen Pot beträgt 78 Chips – diesen Betrag müssen wir also am River noch mindestens von unserem Gegner gewinnen.
Implied Odds am Beispiel Set Value
Ein weiteres Beispiel für die einfache Poker Mathematik der Implied Odds ist die Frage, ob man mit einem kleinen bis mittleren Pocket Pair ein Preflop Raise bezahlen soll. Nehmen wir folgende Situation an: Die Blinds betragen 25/50, UTG besitzt 5000 Chips, wir sitzen am Button mit 4000 Chips. Nun open raist UTG auf 200 Chips(4Big Blinds) und wir gehen davon aus, dass er ein hohes Paar auf der Hand hält. Alle anderen Spieler folden und wir finden ein kleines Paar wie zB 66. In diesem Fall müssten wir schon am Flop unser Set treffen, um die Hand weiterspielen zu können – sollen wir callen oder nicht?
Schauen wir uns zunächst an wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, am Flop ein Set zu treffen. Diese errechnen wir einfach aus der Wahrscheinlichkeit KEIN Set zu floppen. Da wir nur unsere beiden Karten kennen, bleiben 50 unbekannte Karten übrig. Dabei spielt es keine Rolle, wie viele Spieler Hole Cards ausgeteilt bekommen haben und wie viele Karten im eigentlichen Deck verblieben sind – alle Karten sind für uns unbekannt. Daher ist die Wahrscheinlichkeit der ersten Flop-Karte nicht eine der beiden verbliebenen 6en zu sein 48/50, für die zweite 47/49 da wir nun eine weitere Karte kennen – und für die dritte Karte am Flop 46/48. Rechnen wir diese Wahrscheinlichkeiten zusammen erhalten wir folgendes Ergebnis:
Nur in rund 12% der Fälle treffen wir unser Set, sind aber selbst dann noch kein sicherer Gewinner der Hand. Gelegentlich verlieren wir diese gegen höhere Sets, Straights oder gegen einen Flush. Rund 10% Gewinnwahrscheinlichkeit ist nicht nur recht nah an der Realität, sondern lassen sich auch sehr einfach für eine Beispielrechnung verwenden. Wenn wir nun UTG´s Preflop Raise auf Set-Value callen wollen, müssen wir mindestens das 10-fache unseres Calls gewinnen können, um die anderen 90% der verlorenen Preflop Einsätze auszugleichen.
Allerdings kommt es auch häufig vor, dass wir mit unserem Set nicht genügend Chips vom Gegner bekommen – zum Beispiel wird er QQ schnell aufgeben, wenn der Flop AK6 enthält. Um auch diese Situationen auszugleichen zu können, gilt als gute Faustregel, dass es lohnt auf Set Value zu callen, wenn man nach dem Flop noch mindestens das 20-fache des eigenen Calls gewinnen kann.
Kommen wir auf unser ursprüngliches Beispiel zurück. UTG besitzt nach seinem Raise auf 200 noch 4800 Chips, wir würden nach dem Call noch 3800 Chips besitzen. Da unser Stack der kleinere ist, müssen wir diesen und nicht den des Gegners zur Berechnung heranziehen(der sogenannte effektive Stack). Das 20-fache des Calls von 200 Chips wären insgesamt 4000 Chips. Wir liegen mit unserem Stack nur knapp darunter, also können wir in diesem Fall callen. Definitiv unprofitabel wird der Call, wenn der effektive Stack kleiner als das 10-fache, also 2000 Chips groß ist. Für den Bereich zwischen dem 10- und 20-fachen hängt die Profitabilität von euren Fähigkeiten ab und wie gut ihr euch zutraut, den Gegner auch ohne getroffenes Set ausspielen zu können.
Implied Odds für Drawing Hands
Für Drawing Hands ist es noch ein wenig schwieriger den Showdown zu gewinnen als mit Pocket Pairs. Eine gute Faustregel ist hierbei, dass sich für Suited Connectors der Preflop Call nur lohnt, wenn man mindestens das 25-fache des Calls gewinnen kann, für offsuited Connectors sollte es schon mindestens das 30-fache sein.
Denkt an diese Faustregeln, wenn ihr im ersten Blindlevel eines Sit&Go mit 75 Big Blinds startet(10/20 bei 1500 Chips). Ein 3 Big Blind großer Call mit Suited Connectors liegt schon hart an der Grenze zur Profitabilität – auch wenn 89s noch so verlockend aussehen.
Ausnahmen für diese Regeln
Diese Anforderungen können allerdings für bestimmte Situationen reduziert werden. Spielt ihr zum Beispiel gegen einen schlechten Spieler, der seine Hand oft nicht ablegen kann und alle Einsätze bis zum River bezahlt, so ist eine volle Auszahlung sehr wahrscheinlich. Das gleiche gilt für einen Pot mit mehreren Mitspielern. Trefft ihr hier mit spekulativen Starthänden eine sehr starke Hand, so ist es sehr wahrscheinlich, dass ein anderer Spieler ebenfalls eine ausreichend starke Hand besitzt, um euch voll auszubezahlen.